Wie mein bester Freund mich aus der Depression befreite by Julie Barton

Wie mein bester Freund mich aus der Depression befreite by Julie Barton

Autor:Julie Barton [Barton, Julie]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426442838
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Ich kann nicht bleiben

2. August 1996

Meine Packung Zoloft lag griffbereit neben dem Bett. Jeden Tag, gleich nach dem Aufwachen, nahm ich eine Tablette. Das Medikament ließ mich ungeheuer schläfrig werden, so dass ich gegen elf schon wieder ein Nickerchen machte. Mya meinte, ich sollte die Tablette doch abends vor dem Schlafengehen einnehmen. Also stellte ich auf abendliche Einnahme um. Ich sah die länglichen, hellgelben Tabletten immer an und fragte mich, was sie wohl mit mir machten. Außerdem recherchierte ich alles, was ich über »wiederholte Traumen bei Jugendlichen« fand. Ich las, dass eine solche Erfahrung die Achse Hypothalamus-Hypophyse-Nebennierenrinden (die HPA-Achse) ständig in Gang hielt. Dieses System steuert die Stressreaktion des Körpers, es aktiviert den »Kampf-oder-Flucht«-Impuls. Tierversuche zeigen, dass der ständige Betrieb dieser Achse den Körper vergessen lässt, wie er diesen Impuls wieder abschalten kann. Diese Tiere leben in permanenter übermäßiger Wachsamkeit. Selbst wenn keine Gefahr droht, ist das Tier hochgradig aufmerksam. Dadurch verlernt es, sich um seine Bedürfnisse zu kümmern. Die »Überspannung« beraubt es all seiner Energie, so dass es jegliche Lust an Spiel, Nahrung, Sex und Interaktion mit seiner Umwelt verliert. Manche Forscher gehen davon aus, dass eine solche Dauer-Aktivierung nicht mehr abgestellt werden kann. Sie bereitet sozusagen den Boden für die Depression, die jahrelang unerkannt in den Kulissen lauert, bis sie schließlich auf die Bühne tritt.

Diese Informationen halfen mir, das Puzzle zusammenzusetzen. Es gab also durchaus einen Grund, dass mir all das widerfahren war. Und dieser Grund war nicht, dass ich ein Freak war oder dass es mir an der grundlegenden Fähigkeit mangelte, mit der Welt zurechtzukommen. Den Ursachen für meine Schwierigkeiten nach und nach auf die Spur zu kommen, war, als tue ich einen Blick hinter den Vorhang, der eine große, geheimnisvolle Kraft vor mir verborgen hatte.

Tatsache war: Ich war auf dem Wege der Besserung. Ich spürte es. Die Therapie griff allmählich, das Medikament schien zu wirken, und ich hatte Bunker. Ich machte es mir zur täglichen Gewohnheit, während meiner Spaziergänge mit dem Hund aufmerksam auf meine Gedanken zu achten. So lernte ich, mir der depressiven, schwermütigen, dunklen Gedanken gewahr zu werden, sie anzunehmen und dann loszulassen.

Irgendwo im Hinterkopf nagte allerdings noch das Nichtwissen, was ich als Nächstes tun, wo ich leben sollte. Mein Vater sagte: »Natürlich wollen wir dir keinen Druck machen, aber es wäre schön, wenn du in der Nähe bleiben würdest.« Für mich aber hatte sich Ohio immer falsch angefühlt, so als gehörte ich nicht hierher. Ich weiß noch, dass ich auf der Umgehungsstraße von Columbus, wenn ich die anderen Autos sah, mich stets fragte, ob es in dieser Stadt jemanden gab, der auch so war wie ich. Ich bin mir sicher, dass solche Leute in ihr existieren, aber ich hatte sie einfach nie kennengelernt.

Trotzdem wollte ich in Betracht ziehen, mir hier ein Leben aufzubauen. Also packten meine Mutter und ich eines Nachmittags Bunker ins Auto und sahen uns eine Hunde-erlaubt-Wohnung in Columbus an, die zu vermieten war. Das Gebäude, ein eingeschossiger, gedrungener Ziegelbau, lag in der Nähe des Scioto River. Wir betraten das klamme Wohnzimmer.



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